DKMS – Wir besiegen Blutkrebs – Ein Erlebnisbericht

Wenn man über die DKMS Aktionen spricht so stellt sich für viele die Frage was passiert nach „Mund auf Stäbchen rein“ und wie läuft das dann mit dem „Spender sein“.

Danke an Daniel der uns seine persönliche „Spender sein – Geschichte“ zur Verfügung gestellt hat und sein Erlebnis mit euch teilt. Danke auch an die DKMS die uns erlaubt hat diese Geschichte mit euch zu teilen.

Nicht vergessen am  4.11.2018 in der SAP Arena selbst aktiv zu werden, denn da ist die DKMS wieder zu Gast und nimmt Typisierungen vor.

Nun gehts los:

Ich kam montags nach der Arbeit nach Hause, ein typischer Montag, am Wochenende ist viel liegengeblieben, leicht genervt und müde habe ich meine Krempel über den Stuhl geworfen und mir was zu trinken aus dem Kühlschrank geholt. Das Handy klingelt… „Gehste ran? – Nö, Feierabend! Die sollen bis morgen warten. Was ist das für ’ne Nummer? Egal…“ Ich leg mich in den Garten und genieße den Feierabend in der Sonne. Mal schauen was so passiert ist, Handy raus, Facebook, WhatsApp mal reinschauen und … E-Mails. Plötzlich kriege ich große Augen: DKMS. „Wir konnten Sie leider telefonisch nicht erreichen. Sie kommen möglicherweise als Stammzellenspender infrage, bitte rufen Sie zeitnah zurück“ WAS? Ich komme als Spender infrage? Wie, sie haben versucht mich anzurufen? Achja, der Anruf zum Feierabend, gleich mal schauen, Stimmt, gleiche Nummer wie in der E-Mail angegeben. Ich rufe sofort zurück. Tatsächlich, ich komme als Spender für einen Leukämie-Patienten infrage, die Gewebemerkmale stimmen überein. Die Mitarbeiterin am Telefon verkündet mir sogleich dass sie bereits ein Blutentnahmeset zugeschickt hat, das wird bereits morgen in meinem Briefkasten sein. Ich solle mir beim Hausarzt Blut abnehmen lassen und es so schnell wie möglich abholen lassen. Ok… erstmal Luft holen, ich kann einem Leukämie-Patienten das Leben retten… Ich? Ich bin doch erst seit 1 ½ Jahren typisiert. Naja, erstmal abwarten was die Blutprobe sagt. Meine Frau setzt sich neben mich: „Mit wem hast du grad telefoniert, du siehst ein bisschen blass aus?“ „DKMS, ich komme als Spender infrage“ „Was? Echt?“ An diesem Abend bestimmte die Aufregung das weitere Geschehen. Da ich bei der Typisierungsaktion in der SAP-Arena als Helfer engagiert war, waren mir viele Fakten bekannt: die Wahrscheinlichkeit überhaupt zur Spende infrage zu kommen ist schon sehr gering, warum komme ausgerechnet ich infrage? Allerweltsgene anscheinend… In der E-Mail ist eine Broschüre beigelegt in der einige weitere Infos stehen: Entnahme der Stammzellen aus dem Blut oder aus dem Knochenmark, Dauer der Verfahren, Vor-/Nachteile und und und… Bis ich an diesem Tag ins Bett gegangen bin, kannte ich die Broschüre auswendig.

Am Tag darauf lag tatsächlich ein großer Brief im Briefkasten, darin mehrere Kanülen, Fläschchen und das Ganze vom Telefon nochmal schriftlich. Am nächsten Tag bin ich zur Ambulanz bei meinem Arbeitgeber gegangen, die Kollegen vor Ort haben mir sofort zugesagt das Blut abnehmen zu können, so dass ich keinen Termin bei meinem Hausarzt abwarten muss. Super, so geht’s schneller. Morgens um 8:00 Uhr wurde die Probe genommen und direkt danach beim Empfang deponiert. Ein Kurier holt es dort im Laufe des Vormittags ab. So… jetzt erstmal runterkommen, es dauert bis zu 12 Wochen bis das Ergebnis der Bestätigungstypisierung da ist und eventuelle weitere potentielle Spender geprüft wurden. Dachte ich…

 

Bereits eine Woche später klingelt wieder das Telefon, erneut die DKMS: Die Proben wurden analysiert und die Gewebemerkmale stimmen mit dem so gut mit dem Patienten überein dass ich der bestgeeignete Spender bin. Jetzt die alles entscheidende Frage: Sind Sie bereit zur Spende, und bedenken Sie dass unbedingt eine Knochenmarkentnahme notwendig ist? … Kurz Luftholen: Ja, ich bin jederzeit bereit zur Spende!

 

Sehr gut, dann vereinbaren wir nun einen Termin zur Voruntersuchung und zur Entnahme in der Klinik. Wo möchten Sie denn hin? Frankfurt oder Köln? …. Frankfurt oder Köln… beides Städte die man als Adler-Fan nicht gerne betritt… Spaß beiseite: Frankfurt ist besser zu erreichen.

 

Schon wieder Montag… Ich habe den Termin zur Vorsorgeuntersuchung. Meine Frau lässt mich auf dem Weg zur Arbeit am Bahnhof raus, es geht nach Frankfurt. Die Voruntersuchung findet beim DRK Blutspendezentrum statt. Es ist freundlicher hier als in anderen Krankenhäusern: offener, heller und immer ein Ansprechpartner da, wenn man einen sucht. Erstmal zur Blutentnahme…. schon wieder, ich kann bald keine Nadeln mehr sehen. Da wird schon ne ganze Menge abgezapft, 8 kleine Fläschchen für die verschiedensten Untersuchungen und natürlich für die Klinik des Patienten…schließlich sind die Ärzte dort für die Behandlung verantwortlich. Eine Abstoßung des meines Knochenmarks könnte den Tod des Patienten zur Folge haben. Unzählige Fragebögen später lande ich dann bei der Ärztin die für die Entnahme zuständig ist. Eine typische Untersuchung wie vor jeder Operation folgt… EKG, Blutdruck, Krankheitsgeschichte, Probleme bei der Narkose? Alles gut, ich bin fit und gesund. Nun erfolgt das Aufklärungsgepräch: Sie zeigt mir die Kanülen mit denen das Knochenmark entnommen wird… Will ich das wirklich wissen? Es sind zwei Schnitte im unteren Rücken notwendig, anschließend wird der Beckenknochen punktiert und das Knochenmark mit Spritzen abgesaugt, auf beiden Seiten gleichzeitig. Au, hört sich schmerzhaft an… Nein, ist es nicht, die OP erfolgt unter Vollnarkose, die Schmerzen sollen sich wie eine Prellung anfühlen. Naja, OK, hört sich nicht so wild an. Und jetzt kommt sie wieder, die alles entscheidende Frage: Sind Sie weiterhin bereit zur Spende? Jetzt muss ich mich entscheiden: Bin ich bereit mich operieren zu lassen für einen Menschen den ich gar nicht kenne? Ja, ich bin bereit dazu. Dieses Mal muss ich die Bereitschaft per Unterschrift bestätigen. Ich bekomme noch einige Infos zur Vor- und Nachsorge nach der OP, das Beste: viel Fleisch essen, das enthaltene Eisen hilft dem Knochenmark sich zu regenerieren, in diesem Moment habe ich bereits eine Grillparty organisiert! Und da ist noch etwas Wichtiges: Ich kann mein Einverständnis jederzeit widerrufen, sollte jedoch beachten dass nun Folgen für den Patienten haben wird. Die Vorbereitung des Patienten auf die Knochenmarkstransplantation beginnt etwa 10 Tage vor der Entnahme bei mir, ziehe ich in diesem Zeitraum zurück, wird das sehr wahrscheinlich den Tod für den Patienten bedeuten. Kurz Luftholen: Ich ziehe das durch!

 

Drei Wochen später, dieses Mal ein Mittwoch, schon wieder nach Frankfurt. Dieses Mal wird’s ernst. Am späten Vormittag komme ich beim DRK an, ich werde bereits erwartet. Noch einmal kurz Blut abnehmen damit man übermorgen einen Vorher/Nacher-Vergleich hat. Eine der Pflegerinnen kommt auf mich zu: „Und, aufgeregt?“ „Nö, ist ja nur ne kleine OP“ … Glatt gelogen, die Aufregung ist kaum auszuhalten, niemand lässt sich gerne operieren. Kurz danach geht es in Begleitung einer Mitarbeiterin des DRK und eines weiteren Spenders über die Straße in die Uniklinik Frankfurt. Dort findet die Operation statt. Erst einmal das Gespräch mit dem Anästhesisten, danach das Zimmer beziehen und noch ein paar Infos von der Pflegerin abholen: Ab 20:00 Uhr nichts mehr essen, ab 24:00 Uhr nichts mehr trinken. Na super, morgen früh mit nem kratzigen Hals aufwachen… So… ab jetzt Freizeit, dann erkunde ich mal die Gegend rund ums Krankenhaus, ein Park direkt am Main… Ich gebe es nur ungern zu: Es gibt tatsächlich schöne Ecken in Frankfurt… Nebensache: die Aufregung wird immer größer. Abends finde ich mich wieder in Zimmer ein, die Pflegerin weißt mich nochmal darauf hin dass ich nach dem Abendessen nichts mehr zu mir nehmen darf… Ok, hab’s verstanden. Eine unruhige Nacht folgt, das Gedankenkarussell dreht sich unaufhörlich.

 

5:30 Uhr, die Tür geht auf, geschlafen hab ich so oder so nicht mehr. Der Pfleger sagt dass ich in einer Stunde abgeholt werde. Also aufstehen, duschen und dann die hocherotische OP-Wäsche anziehen. Tatsächlich werde ich erst um 7:20 Uhr abgeholt und in die OP-Vorbereitung gebracht. Nochmal ein kurzer Check des Narkosearztes: Name, Geburtsdatum, Weshalb werde ich operiert? Alles gut, die Daten stimmen. Jetzt geht’s los: die berühmte LMAA-Tablette (Leck-mich-am-Arsch) wirkt sofort, innerhalb zwei Minuten verfliegt die Aufregung. Ein paar Minuten später werde ich in den OP gefahren, dort stehen zwei Ärzte, einer äußert dass meine Sauerstoffsättigung zu niedrig sei, ich solle mal kurz tief in die Maske einatmen, das ist nur Sauerstoff… Er hat mich angeflunkert, ich war sofort weg.

 

Ich weiß nicht wie lange ich unter Narkose stand, die OP sollte etwa eine Stunde dauern, mir kam es vor wie wenige Minuten. Das Erwachen war unspektakulär, keine Schmerzen, keine Übelkeit wie es manchmal nach Operationen vorkommt und noch ein bisschen benebelt. Ich spüre einen Druck überm Hintern, als würde man auf einem kleinen Ball liegen. Aha, also wenn das so bleibt ist alles gut. Eine halbe Stunde später werde ich wieder zurück in mein Zimmer geschoben. Der Pfleger teilt mir noch mit dass ich auf keinen Fall alleine aufstehen darf, es könnte sein dass ich aufgrund der Entnahme Kreislaufprobleme bekommen könnte. Jaja… ich weiß Bescheid, ich will eh erstmal noch ne Runde schlafen. Eine Stunde später wird der andere Spender ins Zimmer gebracht, auch bei ihm ist es gut gelaufen. Bei der Gelegenheit spreche ich die Pflegerin an dass ich mal aufstehen möchte. Mit ihrer Hilfe, etwas wackelig gelang das auch, der Tropf wurde abgenommen und ich konnte die Toilette aufsuchen. Ab danach wieder ab ins Bett, schon die paar Meter waren sehr anstrengend. Eine weitere Stunde später kommt die Pflegerin erneut, sie bittet mich mich hinzusetzen um den Blutdruck zu messen. Klar, ich warte kurz bis sie beim anderen Spender fertig ist und sie zu mir kommt…. Oh, da stimmt was nicht, mir wird schwindlig, Übelkeit kommt auf, die Pflegerin sieht auf das Messgerät und schaut mich an, „Alles OK mit Ihnen?“ „Nein, irgendwas stimmt nicht“ „Ihr Blutdruck ist im Keller, legen Sie sich wieder hin!“ Ich widerspreche nicht und lege mich hin, die Pflegerin stellt erhöht noch meine Beine und in diesem Moment ist auch schon wieder alles gut. Aha, so fühlt sich also ein Kreislaufkollaps an, das ist der Grund warum ich nicht alleine aufstehen darf. Gleich vorweg genommen: Das war die ’schlimmste‘ Nachwirkung die ich im Rahmen meiner Knochenmarksspende hatte. Im Laufe des Nachmittags kann ich dann doch alleine aufstehen. Ich wandere ein paar Schritte durchs Zimmer. Alles gut, Kreislauf ist macht mit. Ich ziehe mir die Schuhe an und gehe einmal die Station auf und ab. Die Pfleger beobachten mich und grüßen freundlich, alles OK. Meine Frau kommt herein, sie ist überrascht mich auf dem Balkon und nicht im Bett zu finden. Wir laufen ein paar Runden im Krankenhaus hin und her, etwas langsam und gemächlich, aber sicher. Etwas nervig sind die Thrombosestrümpfe, die andauernd runterrutschen und jedes Bücken um sie hochzuziehen mit einem leichten Ziepen im unteren Rücken bemerkbar gemacht wird. Eine Runde noch draußen am Hubschrauberlandeplatz vorbei und dann wieder aufs Zimmer, es wird langsam spät. Meine Frau verabschiedet sich, sie kommt morgen früh wieder um mich abzuholen.

Die Nacht ist wieder ein bisschen unruhig, die Wunden drücken doch etwas, jede Bewegung, jede Drehung ist unangenehm. Aber es hält sich in Grenzen. Am Morgen erwache ich ohne Schmerzen. Erstmal Frühstück, für ein Krankenhaus ganz schön üppig, dann umziehen und los geht’s. Die Pfleger trauen uns den Weg zum DRK ohne Hilfe zu. Wir laufen die etwa 200m von der Klinik zum DRK zur Nachkontrolle. Es geht direkt zum Blutabnehmen. Kurz warten, inzwischen ist meine Frau wieder eingetroffen, wenige Minuten später holt mich die Ärztin zur Nachbesprechung ab. Die OP ist gut verlaufen, die Blutwerte sehen gut aus. Sie beobachtet mich beim Laufen: ein wenig Humpeln ist normal, aber es sieht gut aus, ich kann nach Hause gehen. Es gibt noch ein Care-Paket mit großen Pflastern, Schmerztabletten und Eisen-Tabletten dann geht’s ab nach Hause. Hier gestaltet sich das schwierigste Hindernis: Wie komme ich in das doch recht tief liegende Auto rein?… Es dauert etwas, sieht bestimmt ulkig aus, aber ich habs geschafft. Das Rauskommen Zuhause ging deutlich einfacher. Zuhause werde ich von meinen zwei empörten Katzen empfangen die wissen wollen, warum immer noch kein Futter im Napf ist, ich nehme eine Dose in die Hand und versuche in die Knie zu gehen …. es klappt nicht, das macht dann doch besser meine Frau. Der beste Ort für mich ist die Couch, da verbringe ich auch die nächsten Stunden. Es wird jetzt von Stunde zu Stunde besser und die Schmerzen weniger. Am gleichen Abend steigt ein Spiel in der SAP-Arena. Das lasse ich mir nicht entgehen, eine Tablette eingeworfen und los geht’s!

Nach weiteren 3 Tagen habe ich praktisch keine Schmerzen mehr. Ich habe einem Menschen mit Leukämie geholfen und würde es jederzeit wieder tun!

An dieser Stelle möchte ich nun auch noch allen Danke sagen die mich während der Zeit unterstützt haben:

– den Ärzten und Pflegern des DRK und der Uniklinik die einen echt super Job machen,

– meinen Vorgesetzten die ohne zu Zögern ihre uneingeschränkte Unterstützung zugesagt haben, und der arbeitsmedizinischen Abteilung meines Arbeitgebers,

– meine Familie für die moralische Unterstützung,

– meine Frau für die seelische Unterstützung (Ja, auch Händchenhalten ist nicht zu unterschätzen :D)

Danke! Ihr alle habt geholfen der jungen Frau aus den USA die Chance auf ein Weiterleben zu ermöglichen

Nehmt die Chance wahr, lasst euch typisieren und ermöglicht einem Leukämie-Patienten die Chance zur Therapie. Es tut nicht übermäßig weh. Für einen Patienten bedeutet es möglicherweise den Unterschied zwischen Leben und Tod. Ich selbst werde bei der Typisierungsaktion am 04.11. bei Augsburg-Spiel auch vor Ort sein und die DKMS unterstützen und alle Fragen beantworten.

Mund auf. Stäbchen rein. Spender sein!

https://www.facebook.com/events/2201426816780698/

www.dkms.de